Polarkreisüberquerung mit dem Minicamper
Gestern war im Prinzip ein Fahrtag, auch wenn wir wieder auf der Atlantikstraße viel gesehen und erlebt haben. Genau genommen, fahren wir jeden Tag ein paar Hundert Kilometer, mal mehr, mal weniger. Aber das Nordkap ist noch weit, und das war ja einer der markanten Eckpunkte unserer Tour. Als wir zu Hause losfuhren, hatten wir ja nur eine Fahrt durch Norwegen geplant. Little did we know. Jetzt, an diesem Morgen, sind wir in unsere zweite Urlaubswoche gestartet.
Wir haben auf einem Parkplatz am Leksdalsvatnet übernachtet, ein wunderschöner Stellplatz, gefunden mit park4night.

Wo immer möglich sind wir auf Parallelstraßen zur E6 gefahren, weil wir der Meinung sind, auf kleineren Straßen mehr von Land und Leuten kennen zu lernen. So sind wir auch heute wieder zunächst auf der 759 unterwegs, bis nach Steinkjer. Hier wollen wir eine kleine Pause machen und dann nahm das Schicksal seinen Lauf.
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Wir hatten den Dokker abgestellt und waren beim Fotografieren. Als wir zum Auto zurückkamen, bemerkten wir, dass es aus der Hecktür tropfte, irgendeine Flüssigkeit. Irgendwie hatte sich der Schalter an der Handbrause, mein ganzer DIY-Stolz, verselbstständigt und unsere Polster unter Wasser gesetzt. Alles war klatschnass. In Zentralspanien kein Problem, hier schon. Denn in diesem feuchten Klima Norwegens bekommt man an der Luft nichts trocken.
War das das Ende unserer Reise? Ziemlich bedröppelt fuhren wir erst einmal weiter. Die Laune war am Nullpunkt angekommen. Erst hatten wir mit dem Wetter kein Glück und nun kam auch noch Pech dazu. Aber die Lösung war so nah. Wir hatten ja die Chinaheizung hinten im Auto. Irgendwo entlang der Straße 762 am Snåsavatnet fanden wir einen Parkplatz im Wald und die größte Trocknungsaktion in der Geschichte des Boondokkers begann. Das und noch viel mehr seht ihr in diesem Video:
Das wäre jetzt vermessen, sich über die verlorene Zeit zu beschweren, die uns die Trocknung der Polster gekostet hat. Es hätte auch das Weiterreisen mit dem Minicamper in Frage gestellt, denn weder meine Frau noch ich konnten uns vorstellen, nachts in nassen Betten zu schlafen. Wer will das schon? Aber auch das zeigt wieder, dass Urlaub mit dem Minicamper nicht nur preiswert, sondern auch alles andere als langweilig sein kann.
Die Reise konnte also weiter gehen, immer weiter Richtung Norden. Mittlerweile fuhren wir wieder auf der E6, die aber hier nicht mehr wirklich Autobahncharakter hat, sondern eher einer Bundesstraße ähnelt. Wir erreichen Nordlandsporten, das Tor zu Nordnorwegen. Bis zum Polarkreis ist es nun nicht mehr weit.
Die E6, die längste Straße Norwegens, ist bekannt für ihre atemberaubenden Landschaften, die von sanften Hügeln bis hin zu dramatischen Bergen und kristallklaren Seen reichen. Die Strecke zwischen Nordlandsporten und dem Polarkreis ist dabei keine Ausnahme.
In den späten Augusttagen hat der Sommer seine Spuren in der Landschaft hinterlassen. Die ausgedehnten Wälder, die die Straße säumen, bestehen aus robusten Kiefern und Birken, deren Blätter und Nadeln im wechselnden Sonnenlicht zwischen verschiedenen Grüntönen schillern. Der Untergrund ist oft von Flechten und Moosen bedeckt, die in Norwegen aufgrund der sauberen Luft üppig gedeihen.
Während der Fahrt passiert man viele kleinere Seen, die das Sonnenlicht reflektieren und durch ihre Stille und Klarheit beeindrucken. Diese Seen sind oft von Gräsern und Blumen umgeben, die ein farbenfrohes Mosaik bilden. Im August stehen viele dieser Pflanzen in voller Blüte. Man kann verschiedene Arten von Glockenblumen, Enzian und Trollblumen sehen, während die Moorgebiete von den leuchtend rosa Blüten des Sumpf-Heidelbeere und weißen Wollgras-Köpfchen geprägt sind.
In Bezug auf die Fauna ist Norwegen bekannt für seine Rentiere, die hier allgegenwärtig sind. Es ist nicht ungewöhnlich, sie am Straßenrand grasen zu sehen. Elche, eine weitere ikonische norwegische Tierart, sind ebenfalls häufig in dieser Gegend anzutreffen, obwohl sie oft scheu sind und sich eher in den Wäldern aufhalten. Wir haben leider in Norwegen keinen zu Gesicht bekommen. Rotfüchse, Hermeline und verschiedene Eichhörnchenarten sind weitere Beispiele für Säugetiere, die in dieser Region leben.
Die Landschaft, vielleicht auch die lange Autofahrt, sorgt für eine melancholische Stimmung. Vielleicht nicht bei allen, aber bei uns war es so. Vielleicht ist melancholisch auch nicht das richtige Wort, aber wäre die Landschaft Musik, dann wäre sie definitiv in Moll gesetzt und nicht in Dur. Am Polarkreis-Zentrum kam uns dann das erste Mal der Gedanke, dass wir uns bei der Wahl der Kleidung, die wir eingepackt hatten, besser mehr Zeit genommen hätten. Aber zum Glück kann man hier nicht nur Kühlschrankmagnete kaufen, sondern auch Wollmützen und Handschuhe.
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Die Tour heute mit unserem Missgeschick hat uns geschafft. Die 490 Kilometer, die am Ende des Tages auf der Uhr standen, nicht zu erwähnen. Nun war es höchste Zeit, sich um einen Stellplatz zu kümmern. Wir fanden einen Parkplatz an einem kleinen See, ein Plumpsklo gab es auch. Letzteres allerdings war nicht sehr einladend und roch übelst. Der Stellplatz jedoch versprach eine ruhige Nacht.
Wir mussten ja das Chaos im Minicamper wieder herrichten, weil wir die Polster noch nicht wieder bezogen hatten, damit alles noch etwas nachtrocknen konnte. Mücken gab es auch reichlich, und wenn Außerirdische uns dabei beobachtet hätten, wie wir rund um unseren Dokker herum Räucherspiralen aufstellen, hätten sie gedacht, es handele sich um ein religiöses Ritual.
Das war ein sehr ereignisreicher Tag heute und nach einem Spaziergang an dem kleinen See hatten wir uns die Nachtruhe in trockenen Betten redlich verdient. Morgen stand noch die Fahrt nach Bodø an, von wo aus wir auf die Lofoten übersetzen wollten. Zu berichten gibt es von diesem Tag nicht viel und wir melden uns wieder von den Lofoten.