Rücksitze ausbauen erlaubt?
Wer einen Hochdachkombi oder einen kleinen Transporter zu einem dauerhaften Urlaubsgefährt umbauen will, merkt schnell, dass ein paar Sitze zu viel im Auto sind. Nun behelfen sich manche dadurch, dass sie die Sitze umklappen und darüber bei Bedarf eine Bettkonstruktion bauen, weil sie das Auto weiterhin als Familienauto mit allen Sitzen nutzen wollen.
Es gibt aber auch Singles und Paare, für die schon von vorneherein feststeht, dass sie die Sitze ausbauen, um einen Minicamper zu haben, der ständig einsatzbereit ist, ohne ständig die Sitze herumschieben und zusammenklappen zu müssen.
Rücksitze ausbauen, ist kein großes Problem. Auch Gurte sind schnell entfernt. Aber dann naht der Termin beim TÜV und die Unsicherheit nimmt zu.
Darf man Rücksitze ausbauen?
Wenn man im Internet auf eine einfache Antwort auf diese einfache Frage hofft, wird man oft enttäuscht. Denn die einen sagen so, die anderen so und berufen sich dabei auf ihre eigenen Erfahrungen beim TÜV. Irgendwie scheint es von der Laune des Prüfers abhängig zu sein und davon, ob er einen guten Tag hat oder nicht. Aber ist es das wirklich?
Natürlich nicht. Denn auch der TÜV muss sich an rechtliche Grundlagen halten und darf nicht einfach nach Gutdünken Entscheidungen treffen, die im Extremfall die Stilllegung des Fahrzeuges bedeuten können, weil die Betriebserlaubnis erloschen ist. Denn das wäre der Fall, wenn statt eines Beifahrersitzes nur noch eine umgedrehte Getränkekiste vorhanden ist.
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Wozu brauchen Autos überhaupt eine TÜV-Abnahme?
TÜV (Technischer Überwachungs-Verein) Abnahme, auch bekannt als Hauptuntersuchung (HU), ist in Deutschland und anderen Ländern gesetzlich vorgeschrieben für motorisierte Fahrzeuge wie Autos. Sie dient mehreren Zwecken:
Sicherheit: Die Abnahme stellt sicher, dass das Fahrzeug sicher zu bedienen ist und keine unmittelbare Gefahr für den Fahrer, die Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer darstellt. Dies umfasst die Überprüfung von Bremsen, Reifen, Lenkung, Lichtanlagen und anderen sicherheitsrelevanten Teilen des Fahrzeugs.
Umweltschutz: Im Rahmen der TÜV-Abnahme wird auch die Abgasuntersuchung (AU) durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Fahrzeug die geltenden Emissionsstandards einhält. Dies ist wichtig, um die Umweltauswirkungen des Fahrzeugs zu minimieren.
Rechtliche Konformität: In Deutschland ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Fahrzeuge regelmäßig einer TÜV-Abnahme unterzogen werden. Ohne gültige TÜV-Plakette kann es zu Bußgeldern und Punkten in Flensburg kommen und im Extremfall kann sogar die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erlöschen.
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Die TÜV-Abnahme muss in der Regel alle zwei Jahre durchgeführt werden, für Neuwagen gilt allerdings nach der Erstzulassung eine Frist von drei Jahren bis zur ersten Untersuchung.
Was sind die Rechtsgrundlagen für eine TÜV-Abnahme?
Die gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung der Hauptuntersuchung (TÜV-Abnahme) von Fahrzeugen in Deutschland finden sich in verschiedenen Rechtsvorschriften. Die wichtigsten sind:
Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO): Diese Regulierung legt die technischen Anforderungen an Fahrzeuge fest und enthält die allgemeine Verpflichtung, dass Fahrzeuge einer Hauptuntersuchung (§ 29 StVZO) unterzogen werden müssen.
Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV): In der FZV sind unter anderem die konkreten Fristen für die Durchführung der Hauptuntersuchung festgelegt.
Anlage VIII zur StVZO: Diese Anlage legt die genauen Prüfanforderungen und -methoden für die Hauptuntersuchung fest.
Verordnung über die technische Überwachung von Fahrzeugen (VTÜV): Diese Verordnung enthält zusätzliche Bestimmungen zur Durchführung der technischen Überwachung von Fahrzeugen.
Zusätzlich zur Hauptuntersuchung gibt es auch noch die sogenannte Sicherheitsprüfung (SP) für Nutzfahrzeuge, die in § 29a StVZO geregelt ist, und die Abgasuntersuchung, die in der Verordnung zur Durchführung der Abgasuntersuchung bei Kraftfahrzeugen (AU-Verordnung) geregelt ist.
Schreibt die Anlage VIII auch etwas Sitze und Gurte vor?
Ja, die Anlage VIII zur Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) in Deutschland enthält auch Vorschriften zur Überprüfung der Sitze und Sicherheitsgurte während der Hauptuntersuchung (HU). Diese Elemente des Fahrzeugs sind wichtig für die Sicherheit der Insassen und werden daher sorgfältig überprüft.
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Bei der Überprüfung der Sitze wird geprüft, ob diese sicher befestigt sind und ob die Verstellmechanismen ordnungsgemäß funktionieren. Außerdem wird überprüft, ob die Kopfstützen vorhanden und korrekt eingestellt sind.
Die Überprüfung der Sicherheitsgurte konzentriert sich auf ihren Zustand und ihre Funktion. Die Gurte dürfen keine Risse oder andere Schäden aufweisen, die ihre Stärke beeinträchtigen könnten, und sie müssen sich ordnungsgemäß aus- und einrollen lassen. Auch die Befestigungspunkte der Gurte und die Funktion der Schlossmechanismen werden überprüft.
Es ist wichtig zu beachten, dass sich die spezifischen Anforderungen und Prüfverfahren je nach Fahrzeugtyp und anderen Faktoren ändern können. Darüber hinaus können sich die rechtlichen Vorschriften und Standards im Laufe der Zeit ändern, daher ist es immer ratsam, die aktuellste Version der Anlage VIII und der anderen relevanten Rechtsvorschriften zu konsultieren.
Was sagt die Straßenverkehrsordnung StVO bezüglich der Anzahl von Sitzen und Gurten?
In der deutschen Straßenverkehrsordnung (StVO) sind die Verkehrsregeln für alle Verkehrsteilnehmer festgelegt, einschließlich der Anforderungen an Fahrzeuge und ihrer Ausstattung. In Bezug auf Sitze und Sicherheitsgurte sind die Regelungen hauptsächlich auf die Sicherheit der Insassen ausgerichtet.
Die genaue Anzahl der Sitze und Sicherheitsgurte wird in der StVO nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings gibt es Bestimmungen in Bezug auf die Beförderung von Personen:
- Gemäß § 21 Abs. 1 StVO dürfen „in Kraftfahrzeugen (…) Personen nur auf Sitzplätzen und mitgenommen werden, für die Sicherheitsgurte vorhanden sind. Dies gilt nicht, wenn Personen mitgeführt werden, für die nach Satz 2 keine Sicherheitsgurte vorhanden sein müssen.“
- Gemäß § 21 Abs. 1a StVO müssen „Personen, für die Sicherheitsgurte vorhanden sind, diese während der Fahrt anlegen.“
Im Grunde genommen bedeutet dies, dass die Anzahl der in einem Fahrzeug beförderten Personen nicht die Anzahl der verfügbaren Sitzplätze und Sicherheitsgurte übersteigen darf.

Wenn aber im Fahrzeugbrief steht, es KÖNNEN bis zu 8 Sitzen vorhanden sein, tatsächlich sind aber nur 2 eingebaut, wie ist es dann zu bewerten?
Wenn in den Fahrzeugdokumenten angegeben ist, dass bis zu acht Sitze vorhanden sein können, aber tatsächlich nur zwei Sitze eingebaut sind, dann wird das Fahrzeug auf der Grundlage der tatsächlichen Ausstattung geprüft. Das bedeutet, es sollten zwei Sitze und zwei funktionsfähige Sicherheitsgurte vorhanden sein.
Bei der Hauptuntersuchung (HU) geht es darum, den aktuellen Zustand des Fahrzeugs zu prüfen und sicherzustellen, dass es sicher zu bedienen ist und keine Gefahr für den Fahrer, die Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer darstellt. Wenn also weniger Sitze eingebaut sind als in den Fahrzeugdokumenten angegeben, aber diese Sitze und die zugehörigen Sicherheitsgurte ordnungsgemäß funktionieren, sollte das Fahrzeug den Prüfstandards entsprechen.
Allerdings kann es bei der Nutzung des Fahrzeugs zu Problemen kommen, wenn mehr Personen befördert werden sollen als tatsächliche Sitzplätze vorhanden sind. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Insasse einen eigenen Sitzplatz und einen eigenen Sicherheitsgurt haben muss.
Nochmals der Hinweis: Die Rechtsvorschriften und Standards können sich ändern, daher ist es immer ratsam, die aktuellste Version der Anlage VIII und der anderen relevanten Rechtsvorschriften zu konsultieren.
Fazit
Wenn also im Fahrzeugbrief (neudeutsch: Zulassungsbescheinigung Teil II) steht: „Fahrzeug zur Personenbeförderung bis 8 Sitzplätze“, dann heißt das nicht, dass unser Dokker beispielsweise auch 8 Sitze eingebaut haben muss, denn es waren auch beim Neukauf nur 5 Sitzplätze vorhanden.
Wichtig ist, dass nicht mehr Personen befördert werden können, wie Sitze mit den dazugehörigen Gurten vorhanden sind. Bei uns sind das zwei und der TÜV hat sich nicht dafür interessiert, ob hinten noch Sitze oder Gurte vorhanden sind.
Selbstverständlich kann man auch auf der Zulassungsstelle die entsprechende Eintragung der Sitzplätze ändern lassen, dann muss man aber auch das Fahrzeug so ändern, dass keine zusätzlichen Sitze mehr eingebaut werden können, also die Halterungen verschweißen oder entfernen. Sonst könnte der TÜV sich daran aufhängen.
Wenn man also Sitze und Gurte ausgebaut hat und der TÜV reklamiert, dann hilft vielleicht erst einmal die freundliche Frage nach der Rechtsgrundlage und der entsprechenden Vorschrift.
Ergänzend zu diesem Thema noch der entsprechende Beitrag auf YouTube: